Lobhudelei, aber wieder keine Punkte
Eine wirkliche Einschätzung der Leistungsstärke des TV Roßtal war nach dem Saisonauftakt gegen den Titelanwärter TSV Lohr schlichtweg unmöglich. Zu unterschiedlich waren die beiden Halbzeiten, zu unbeständig die Gedanken, die im Gedächtnis haften blieben. Groß Zeit über die gezeigte Leistung nachzudenken, ließ der Spielplan allerdings nicht. Nur sieben Tage später wartete immerhin schon der nächste schwere Gang zum TSV 2000 Rothenburg, der sich ebenfalls im Favoritenkreis der Landesliga Nord wähnt. Ein Ding der Unmöglichkeit für einen Aufsteiger? Sollte man meinen. Woran man beim Gastspiel in der Tauber aber wirklich scheiterte: der nötigen Kompensation der einzigen beiden klassischen „Werfer“, individuellen Unzulänglichkeiten und dem klebrigen Rund.
Die Vorbereitung auf das Auswärtsspiel in Rothenburg verlief unter der Woche nicht optimal: In den Trainingseinheiten kämpfte man zumeist mehr mit dem Harz-Ball als den Gegenspielern, zu allem Überfluss verletzten sich auch noch die beiden einzigen etatmäßigen Rückraumwerfer Lukas Franke und Christoph Heldauer – einfache Tore von hinten fielen also von vorneherein weg. Einen besseren Start in die Partie konnte man dem Favoriten deswegen aber nicht attestieren, die ordentliche Roßtaler Deckung verhinderte, was es zu verhindern gab (2:3). Vorne schimmerte immer wieder die Unsicherheit mit dem ungewohnten Harz durch, Lücken ergaben sich in der Abwehr der Gastgeber dennoch. Beim 6:4-Zwischenstand antworteten die Hausherren dann endlich einmal so, wie man das erwartet hatte – mit großer Wucht aus dem Rückraum. Der reine Kraftakt ging aber zumeist auch mit geringer Präzision und großer Streuung einher, der TVR fand mit einigen guten Paraden von Keeper Wolf Hagen und einfachen Gegenstoßtoren die passende Replik (7:8). In der Endphase des ersten Abschnitts machten sich aber etwas die fehlenden Kraftreserven bemerkbar, die Rothenburger nutzten die Unzulänglichkeiten hinten wie vorne eiskalt aus. Nicht ganz unverdient ging es dann auch mit 12:9 in die Halbzeitpause.
Für den zweiten Abschnitt galt es, die Stärken noch mehr zur Geltung zu bringen, die Schwächen dagegen noch stärker zu kaschieren. In den ersten 15 Minuten hatte der TVR aber scheinbar die Vorgaben vertauscht: Die Rothenburger nutzten sowohl ihr Überzahl- als auch das Unterzahlspiel, um sich allmählich weiter abzusetzen. Spätestens beim 19:13 sah man auf Roßtaler Seite die Felle davonschwimmen, doch die Hausherren stellten fortan das Handballspielen gänzlich ein. Stattdessen dezimierte sich der TSV immer wieder selbst durch unnötige Fouls oder Wortgefechte mit den Unparteiischen, die Schmidt-Sieben spielte ihren Stiefel kontinuierlich herunter. Das 24:20 spiegelte am Ende zwar nicht wirklich den Spielverlauf (gerade im zweiten Durchgang) wider, dem Anspruch einer Landesliga-Spitzenmannschaft mit gestandenen Spielergrößen genügten die Rothenburger aber mindestens genauso wenig.
Das Bild nach dem Spiel war das gleiche wie bereits eine Woche zuvor: Von vielen Seiten gab es Schulterklopfer für eine teils ansprechende Leistung. Der TVR muss sich aber auch gleichermaßen bewusst machen, wie gefährlich so etwas sein kann. Mit 0:4 Punkten steht man nach zwei Spieltagen nichtsdestotrotz ohne Zählbares im Tabellenkeller, spätestens jetzt hat der Kampf gegen den Abstieg so richtig begonnen. Bevor allerdings das nächste Ligaspiel bei Branchenprimus Cham (10. Oktober, 19.30 Uhr) ansteht, holt die Roßtaler der „Pokalalltag“ ein. Am 4. Oktober wartet in der zweiten BHV-Pokalrunde im Halbfinale Landesliga-Konkurrent Bamberg (15 Uhr), zuvor ermitteln bereits Gastgeber HSG Erlangen/Niederlindach und Bayernligist Sulzbach den ersten Finalteilnehmer (13 Uhr).
Für den TVR spielten: Hagen, Butze (beide Tor), D. Schmidt 4, Mathias 8/7, N. Nepf 3, Schmitt 2, Urban, Brandscher 1, Fröschel 1, C. Nepf, Gruber 1, Schoberth, Gerbing, M. Schmidt (alle drei nicht eingesetzt).
Bilder
Maximilian Schmidt