„Wo warst Du nur, oh großer Handballgott?!“

Er war sowohl in der Landeshauptstadt als auch im kleinen Markt Roßtal. Er mag aber wohl eher Münchner Weißwürste als Fränkische Bratwürste. Anders ist das fast nicht zu erklären. 2 Tage, 2 Niederlagen mit jeweils einem Tor, was eine Differenz von 2 Toren macht. Aber nicht nur das: jeweils bekam man das entscheidende Gegentor 3 Sekunden vor Spielende. Bitterer kann ein Wochenende aus Sicht der Verlierermannschaft nicht sein. Auf der anderen Seite die überglücklichen Sieger aus München. Jedes der beiden Spiele hätte auch anders ausgehen können. Am Samstag holte München einen 4 Tore Rückstand auf, am Sonntag Roßtal. Ende bekannt. Doch nun der Reihe nach…

HT München – TSV Roßtal 29:28 (13:16)

Samstag, 14.05.2022, 19:00 Uhr

Samstag fuhr man mit sehr dezimierten Kader nach München. Das „bösartige“ Virus, welches der Biermarke Corona zur Berühmtheit verhalf, warf Brandscher und Krach aus dem Kader. Hofer, welcher sich am vorangegangen Wochenende am Knöchel verletzte, saß als Unterstützung und Taktiker zwar in Spielerausrüstung auf der Bank, konnte aber nicht eingesetzt werden. Schmidt und Bonakdar verweilten im Urlaub. Nichtsdestotrotz war man sich seiner Stärken bewusst und war gut auf den Gegner aus München vorbereitet. In der Halle war nicht nur die Stimmung am Brodeln, sondern auch die Temperaturen sehr hoch.

Das Spiel ging rasant los. Nach gerade 21 Sekunden ging der Gastgeber in Führung. Jedoch schlug Roßtal in mittlerweile gewohnter Manier zurück und lag nach 5 Minuten 3:1 vorne. Jedoch war zu diesem Zeitpunkt schon ersichtlich, dass HT sich sehr genau auf das Angriffsspiel der Gäste eingestellt hat. So wurde Cissé permanent von mindestens 2 Gegner hart in die Mangel genommen. Auch das Kreisläuferspiel mit den Gebrüdern Nepf wurde oftmals erfolgreich verteidigt, was vor allem im Sonntagsspiel durch schnelle Gegenstöße bestraft wurde.

Auf jeden Fall entwickelte sich ein Spiel auf Augenhöhe, indem sich keine Mannschaft klar absetzen konnte. Jedoch wurde ab und an mit Entscheidungen der Schiedsrichter gehadert. Oftmals wurden 50:50 Pfiffe gegen Roßtal gepfiffen. Bis zum 13:13 in Minute 26 war es ein unterhaltsames und hart geführtes Spiel, welches den diesjährigen Abstiegskampf sehr gut symbolisiert. Es wurde jede erfolgreiche Aktion fast frenetisch gefeiert. Die zahlreichen Zuschauer in München machten ordentlich Lärm – jedoch musste sich die einsame Trommel aus Roßtal nicht verstecken!!!! Dann wurden einige Bälle verteidigt und Roßtal setzte sich durch 3 Tore von Nepf, C., Gruber und Ehrmann ab. Halbzeit (13:16).

In der Pause wurde erstmal kräftig durchgeschnauft und es wurde warme Cola getrunken. Die Trainer waren sehr zufrieden und gaben zurecht den Hinweis, dass die Heimmannschaft nun nochmal 1000% geben werde, um wieder heranzukommen.

Man legte durch Rechtsaußen Haltrich gleich mal nach und führte nun mit 4 Toren. Jedoch verlor man im Anschluss etwas den Faden in der Abwehr. Es entstanden Lücken, welche von den Münchnern zu Toren umgemünzt wurden. So schmolz der Vorsprung kontinuierlich. Man war zwar immer wieder erfolgreich, konnte aber immer weniger verteidigen. Während die Gastgeber eine volle Bank zur Verfügung hatten und munter durchwechseln konnten, mussten fast alle Spieler aus Roßtal durchspielen – irgendwann werden die Füße schwerer, das Gehirn bekommt weniger Sauerstoff, falsche Entscheidungen werden getroffen oder man ist den letzten Schritt zu spät. Die logische Konsequenz war, das Meßthaler durch einen Wadenkrampf außer Gefecht gesetzt wurde. Somit gab es keine gesunde Alternative mehr für den linken Rückraum. Fortan wurde mit den Gebrüder Nepf am Kreis weitergespielt.

In Minute 48 war es dann soweit. München erzielte den Ausgleich via 7-Meter. Nun entwickelte sich wieder ein offener Schlagabtausch. Roßtal ging nun selbst durch einen 7-Meter durch den gewohnt sicheren Nepf, N. in Führung. Hagen parierte einen Strafwurf. Jedoch geriet man wieder in Rückstand. Fragwürdige 2 Minutenstrafen wurden gegen Roßtal ausgesprochen. In Unterzahl lag man 4 Minuten vor Schluss mit 28:26 hinten. Jedoch gab man nie auf und kämpfte sich sensationell zurück und erzielte den Ausgleich. 50 Sekunden waren noch zu spielen und München bekam einen Strafwurf zugesprochen. Hagen hielt und man hatte noch die Möglichkeit zum Sieg. Nun wird es, zumindest etwas, fragwürdig. Das Kampfgericht „vergaß“ die Uhr weiterlaufen zu lassen. Es wurden nun circa 20 Sekunden nachgeholt. Aber anstatt einen Angriff sich aufbauen zu lassen, wurde sofort Zeitspiel angezeigt und Roßtal vergab die Wurfchance von außen. München spielte rasch nach vorne und bekam noch einen Wurf los, welcher mit viel Glück und noch mehr Spinn vom Schienbein des Torwarts an den Pfosten kam und von dort unerreichbar mit der Sirene ins Tor ging. Fazit: Bitter und eigentlich unnötig – jedoch der Kampfgeist und mit der Truppe, welche antrat eine Wahnsinnsleistung. Die Coaches waren sich einig, dass das ein echt geiles  Spiel war. Mit dem glücklicheren Ende für die Münchener. Anscheinend schmeckte das Hofbräu-Bier dem Handballgott a bissl besser an dem Abend. Mund abputzen, in 17 Stunden hatte man schon die Gelegenheit zur Revanche.

TSV Roßtal – HT München 27:28 (12:12)

Sonntag, 15.05.2022, 16:00 Uhr

Die Körper geschunden und voller Schmerzen. Was sich grausam anhört, ist seit nun 3 Wochen tägliche Routine bei allen Handballern im Amateurbereich. Schmerzmittel da, Tape hier, Massagepistole am Ende ihrer Kräfte, etc… Alles jammern hilft wenig bis gar nicht. Nach gerade einmal 20 Stunden Schonzeit bereits das nächste, immanent wichtige Spiel, was praktisch über Ligaverbleib oder Abstieg entscheidet – sofern man dem fast sich als Gott aufführenden BHV Glauben schenken darf.

Einige Lichtblicke gab es: die Bank war nun etwas besser bestückt, was an dem Rückkehrer Schmidt und den unter Schmerzen auflaufenden Hofer lag. Alles bereit für eine weitere kräftezehrende Schlacht. Man ging durch Meßthaler in Führung. Gleich im Gegenzug bekam man den Ausgleich. Es war wie am Vortag ein Spiel auf Augenhöhe. Am heutigen Tag taten sich beide Angriffreihen am Anfang schwer Durchbrüche oder freie Würfe zu kreieren. Zu oft wurde versucht durch Lücken zu stoßen, wo keine waren. Zu oft versuchte man den Kreis anzuspielen, obwohl dieser kaum Platz hatte. Folgerichtig klag man nach 8 Minuten 2:4 in Rückstand. Jedoch wurde um jeden Centimeter gekämpft und es wurde wieder eng und dann ausgeglichen. Hagen hielt den ersten von 5 Strafwürfen und Ehrmann erhöhte in Minute 23 auf 9:7. Nachdem München wieder ausglich, bescherte Haltrich mit einem schnellen Doppelschlag eine weitere 2 Tore Führung. (11:9, 26. Minute). Doch es kam wie es so oft kommt. München glich aus. Man vergab die Chance zur Pausenführung und so wurde mit einem 12:12 die Seiten gewechselt. Obwohl München am Anfang der 2. Halbzeit in Unterzahl agierte, kassierter der Gastgeber ein Gegentor. Es blieb ein Spiel auf Augenhöhe. Aber in Minute 37 schienen die Roßtaler Felle davonzuschwimmen. Man machte leichtsinnige technische Fehler und verbuchte die eine oder andere Fahrkarte. Nun kamen auch die Unparteiischen immer mehr in den Mittelpunkt, die viele fragwürdige Entscheidungen, zumindest aus subjektiver Sicht, gegen den TSV auslegten. Die Halle brodelte in gewohnter Manier – an dieser Stelle DANKE für die grandiose Stimmung!!! Auf einmal stand es in Minute 42 17:21 aus Sicht gegen die Mittelfranken. Doch eines steht immer auf der Agenda: der TSV Roßtal gibt sich nie auf!!! Tor für Tor kämpfte man sich zurück. Hagen hielt 83% der 7 Meter, während Nico Nepf alle seine Versuche im gegnerischen Netz unterbrachte (Ice in his veins). In Minute 49 der Ausgleich durch eben besagten Ice-Man! 22:22. Nun ein Spiel auf Augenhöhe. München legte vor, Roßtal glich aus. Nun eine knifflige Situation: Der fast vorentscheidenden Führung durch die Gäste gingen deutlich 5 Schritte voraus. Kein Pfiff – Gegentor – Rückstand – zu spielende Zeit noch 29 Sekunden – kein Timeout mehr. Kein Problem. Marcel Cissé sprang in unnachahmlicher Manier durch eine Lücke und verwandelte unter großem Jubel den Ausgleich zum 27:27. Jedoch waren noch 20 Sekunden zu spielen – München blieb cool, spielte den Rechtsaußen frei, welcher in frecher Art und Weise Hagen überwand und den umjubelten Siegtreffer, wieder 3 Sekunden vor Schluss, erzielte. Bruh, that’s tuff…

Irgendwo machte sich der Handballgott ein Paulaner auf. Diese Geschichte ist ja fast zu lächerlich, um wahr zu sein. Solche Geschichten schreibt nur der Sport und das ist auch gut so, blöd nur, wenn man 2 mal der Verlierer ist. JEDOCH soll an dieser Stelle gesagt werden: WAS WAREN DAS FÜR 2 GEILE SPIELE! Die Entwicklung, die jeder in dieser Saison machte, ist überragend. Am kommenden Wochenende stehen die letzten beiden Spiele gegen Mitaufsteiger Eichenau an. Mit zwei Siegen wird der TSV Roßtal in der Liga bleiben, egal was der BHV meint entscheiden zu können, da der Handballgott mehr dramatische Spiele unter Beteiligung des TSV in der Bayernliga sehen möchte. In diesem Sinne eine direkte Ansprache an der Herrgott: „Probier mal fränkisches Bier! – Amen.“

HAGW

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