Locker, rohe Gewalt, Tor der Saison – TVR in Runde 3

Nach dem guten Abschneiden in der ersten Pokalrunde im Vergleich mit Bezirksoberligist Flügelrad und Landesligist Lauf/Heroldsberg musste die erste Männermannschaft des TV Roßtal dem schweren Auftaktprogramm gegen Lohr und Rothenburg Rechnung tragen. Nach zwei gespielten Partien steht man noch ohne eigenen Punktgewinn in der Landesliga Nord da, Panikmache ist dadurch aber noch nicht angesagt. Nach dem spielfreien Wochenende ging es am Sonntag zur zweiten BHV-Pokalrunde ins unbekannte Heßdorf. Obwohl Keeper Robert Butze, Lukas Franke, Dietmar Mathias, Alexander Brandscher, Niklas Gerbing und Christoph Nepf allesamt absagen mussten (und eine harte Maui-Nacht hinter einigen Akteuren lag), ging man mit der nötigen Portion Selbstvertrauen in das Halbfinale gegen den Landesliga-Konkurrenten aus Bamberg.
TV Roßtal – HC 03 Bamberg 40:19 (19:9)
Was man dann allerdings im Halbfinale vorfand, war die spärlich besetzte Reservemannschaft der Bamberger. Entsprechend fehlte bereits beim Aufwärmen der letzte Zug beim Roßtaler Tross – den Schalter zu Spielbeginn fand die zu großen Teilen aus Ersatzspielern gespickte erste Sieben aber. Schnell lag man mit 6:0 vorne, was speziell drei Konstanten zu verdanken war: Die Abwehr stand wie bereits zu Saisonbeginn recht ordentlich, den Rest fing der gut aufgelegte Keeper Florian Blaßneck ab und vorne machte sich die konzentrierte Spielweise bezahlt. Fast schon „logisch“, dass der TVR in der Folge mehrere Gänge runterschaltete und den Kontrahenten wieder schnuppern ließ. Binnen weniger Minuten verkürzte die Bamberger Zweitvertretung auf 10:7, folgerichtig nahm Trainer Wolfgang Schmidt die Auszeit, um das Team neu einzustellen und an ein, zwei Stellschrauben zu drehen. Bis zur Pause schaltete man dann wieder einige Gänge hoch, auch dank einfacher Kontertore stand nach 30 Minuten ein komfortables 19:9 auf der Anzeigetafel.
Im zweiten Abschnitt dann ein ähnliches Bild, nur dass sich die Mittelfranken keine erneute Schwächephase mehr leisteten. Mit dem völlig überforderten Gegner hielt sich das Mitleid arg in Grenzen, gnadenlos und staubtrocken rollte der Roßtaler Express von Minute zu Minute schneller. Bis auf eine kuriose Unterbrechung: Nach einem krachenden Sprungwurf von Zwei-Meter-Hüne Christoph Heldauer war das Tor der Bamberger aus der Verankerung gebrochen, der Kasten musste erst repariert werden, ehe es weitergehen konnte. Viele (Fußball-)Fans fühlten sich wohl schwer an den 1. April 1998 erinnert, als das Champions-League-Spiel zwischen Real Madrid und Borussia Dortmund (2:0) mit 76 Minuten Verspätung angepfiffen wurde, weil eines der Tore Minuten vor dem Anpfiff ebenfalls aus der Verankerung gebrochen war. Zumindest ließ Heldauer am verregneten Sonntagnachmittag das Gehäuse aufrecht stehen. Weiter im Text: Bereits ab der 45. Minute bettelte der HC 03 um den Abpfiff, der TVR marschierte aber gnadenlos bis zur 60. Minute weiter. Kurz vor der Schlusssirene machte Andreas Schoberth das Ergebnis mit seinem sechsten Treffer des Tages rund – mit 40:19 wurde der Underdog standesgemäß zurück nach Oberfranken geschickt.
Für den TVR spielten: Hagen, Blaßneck (beide Tor), D. Schmidt 2, Schoberth 6, Schmitt 4, Eggen 2, Urban 6, Heldauer 8, N. Nepf 1, Gruber 4, M. Schmidt 7/2, Fröschel (n.e.).
 
HSG Erlangen/Niederlindach – TV Roßtal 25:33 (13:19)
Durch die lockere Angelegenheit gegen Bamberg zog man dann auch souverän ins Finale gegen die Gastgeber ein. Die HSG Erlangen/Niederlindach hatte im ersten Halbfinale überraschend Bayernligist HC Sulzbach rausgeworfen, dabei war der renommierte Klub aus der Oberpfalz aber ebenfalls nur mit der zweiten Mannschaft (inklusive Trainer der Reserve) angereist. Die Hausherren waren fürs Endspiel wild entschlossen, bis auf die Zähne bewaffnet und hatten die lautstarke Kulisse im Rücken. In der Frühphase der Begegnung machten die Gäste aus Roßtal aber klar, wer das Feld als Sieger verlassen wollte. Schnell schraubte man den Spielstand durch eine konzentrierte Vorstellung auf 9:3 und ließ die Menge dadurch verstummen. Allen voran ein in der ersten Halbzeit glänzend aufgelegter Wolf Hagen machte der HSG das Leben schwer. Das Highlight im ersten Abschnitt (und wohl auch im Verlaufe der noch langen Saison) gehörte aber einem anderen. Nach Ablauf der dreißig Minuten bekam der TVR noch einen Freiwurf zugesprochen, Dominik Schmidt nahm sich die nötige Zeit, um den richtigen Winkel auszuloten. Aus halblinker Position entschied sich der 26-Jährige für einen angedrehten Lob gegen den hochgewachsenen Block – als der Ball in der Luft stand, wurden die Sekunden länger und länger, bis das Spielgerät mit viel Drall von der Unterkante der Latte ins Tornetz knallte. Jubel auf der einen, Entsetzen auf der anderen Seite (13:19).
Dass es im zweiten Durchgang nochmal deutlich lauter, hektischer und enger zugehen würde, dessen war man sich in der Kabine durchaus bewusst. Dass das allerdings so schnell gehen würde, hatte man nicht erwartet. Binnen weniger Minuten produzierten die Gäste viel zu viele Fehler in Abwehr und Angriff, auch Torhüter Hagen bekam kaum mehr eine Hand an die Bälle. Das Ergebnis: der nicht unverdiente 21:21-Ausgleich. Darüber hinaus kassierte man noch etliche Zwei-Minuten-Strafen – wie diese zustande kamen, sei dahingestellt -, die das Leben zusätzlich erschwerten. Entmutigen oder aus der Ruhe bringen ließ sich die Schmidt-Sieben aber nicht gänzlich. Allmählich holte man sich vorne wie hinten Selbstvertrauen zurück, der eingewechselte Blaßneck, der zum Schluss seinen Kasten quasi vernagelte, tat sein Übriges. Durch gute Einzelaktionen und die sicher verwandelten Siebenmeter zog man den Gastgebern zum Ende hin endgültig den Zahn (und der Kulisse den Stecker), auch wenn das 25:33 schlussendlich aufgrund der zweiten Hälfte vielleicht etwas zu hoch ausfiel.
Für den TVR spielten: Hagen, Blaßneck (beide Tor), D. Schmidt 7, Eggen, Schmitt 5, Heldauer 2, Schoberth 4, Gruber 6, Fröschel 1, M. Schmidt 8/5, N. Nepf (n.e.).
 
Sei’s drum, durch die beiden Siege der Arbeit und Moral steht der TV Roßtal in der dritten BHV-Pokal-Runde. Damit hatte man nach der Auslosung und Terminierung nicht unbedingt gerechnet, neben dem Tagesgeschäft Landesliga ist der Pokalwettbewerb aber sicherlich eine willkommene Abwechslung. Ein Blick auf den DHB-Rahmenspielplan besagt: Das nächste Turnier findet ausgerechnet am Martinimarkt-Wochenende (7. und 8. November) statt. Wenn der TVR dann noch den Heimzuschlag erhält, steht einer großen Handball-Party mit attraktiven Losen eigentlich nichts mehr entgegen.
Maximilian Schmidt

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